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Herrn Sch. und Herrn T. geht es gut.
Sie sind im Ausland gewesen, mögen Opern, besonders die kurzen. Sie haben gar nicht so unmodische Badehosen, Beamer, Obstquirrle für Smoothies und gute Matratzen. Sie stehen wohlwollend der nordkoreanischen Bevölkerung gegenüber und verhalten sich immer gut aufgeräumt. Natürlich verschweigen sie die chronischen Verdauungsstörungen, den Prolaps in L5 S1, das Hochdruckgefühl und die Herzrhythmusstörungen.
Herr Sch. und Herr T. wissen nicht wohin die Reise geht. Manchmal haben sie so ihre Theorien. Und sie sagen sich, andere wüssten es auch nicht. Herr Sch. und Herr T. tragen Funktionen. Sie sind funktionstragende Menschen. Wobei die Funktionen im Grunde sie tragen und nicht umgekehrt.
Ihr Problem ist nicht die Angst vor dem Tod, vor Siechtum, Armut und Einsamkeit. Ihr Problem ist das Gefühl, das sie jenseits der tragenden Funktion nicht existieren. Das dort, wo man eines Tages nach ihnen sucht, nichts ist was man finden wird.
Wenn die Schauspieler und Musiker des theatre du pain in der ihnen eigenen hemmungslosen Brillanz beginnen, unsere Wirklichkeit zu sezieren, erfasst einen ein unheimliches Kribbeln und ein Lachkrampf gleichermaßen. Das Leben ist ein unverschämt virtuoser Tanz auf dem Grat, ein Blick zur falschen Seite, ein Kratzen am richtigen Fleck und es löst sich auf in ein anderes, das die vormalige Existenz unwirklich erscheinen lässt.
Ich ist ein Anderer.
Und richtig: was dann ist Wirklichkeit! Die tdpisten markieren diesen Begriff, jenes gemeinsame Trampolin. In ihren Szenen und Lieder schildern sie fragile Menschenherzen, zeigen wie es ist, sich herauszuschälen aus Angst, Projektion und Resignation, wie es ist, seine Freiheit suchen und...zu finden?
Urlaub vom Trauma ist ein Banquette für das Monty Python, David Lynch und Kurt Schwitters gekocht haben mögen, doch eben ganz eigen theatre du pain ist: philosophisch, banal, virtuos und überraschend. Ein frontaler Angriff auf Verstand und Sinne.
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